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06.06.2013

» Sind die Bäume schön grün …

Doch grüne Blätter allein sagen zu wenig aus

Anfang Juni haben wir wieder alle Bäume besucht. Der Frühling begann sehr spät und verlief sehr nass und kühl. Für die, eigentlich kranken, Bäume war diese Witterung günstig. Alle Platanen wurden zwar von Spätfrösten geschädigt. Meistens sind erneut ausgetriebene Blätter zu finden. Nur wenige Bäume weisen einen Zuwachs an Trieben aus. Die Stabilität der diesjährigen Austriebe muss sich erst noch erweisen.

Gerissene Borke mit Pilzbefall an einer "verpflanzten" Hainbuche.

 

Eine abschließende Beurteilung kann man aus den Eindrücken natürlich nicht ziehen. Immerhin sind bisher keine Totalausfälle zu erkennen. Die Witterung im letzten und in diesem Jahr verringert den Stress für die Bäume. Man darf die starken Schäden, die an den Wurzeln entstanden sind, aber nicht außer Acht lassen. Auch der Transport hat zu Schäden geführt, da man auf einen ordentlichen Rückschnitt der Kronen und der Starkäste verzichtet hat. In einigen Baumkronen sind bereits Risse und Pilzbefall erkennbar.

Die gefällte Rosskastanie 205 in der Stadtgärtnerei Fasanenhof, 2012.



Eine Bilanzierung dieser Verpflanzungen wird jedoch immer den Fehler haben, dass man die verbrecherische Ursache aus dem Blick verliert. Das Projekt Stuttgart 21 hat die Vernichtung des Schlossgartens zur Voraussetzung. Es bleibt festzuhalten, dass Stuttgart 21 nur dann gebaut werden sollte, wenn alle gesunden Großbäume des Schlossgartens verpflanzt werden. Davon hatten sich alle Vertragspartner der sogenannten Schlichtung offenbar bereits im Oktober 2011 verabschiedet. Mit fadenscheinigen Argumenten, z.B. dass man in Stuttgart keinen Platz hätte, oder die Flächen im Rosensteinpark ökologisch zu kostbar seien. Bei den dort anstehenden Rodungen im Herbst, und der Verlegung der Ehmannstraße in den Park hinein, werden diese "Experten" natürlich schweigen.

Und auch 2013 besitzt der gefällte Baum noch die Kraft zu einem Austrieb – grüne Blätter können ebenso täuschen, wie Grüne Politiker.

 

Mit der Rodung des Mittleren Schlossgartens wurden 177 Bäume gefällt, lediglich 60 wurden verpflanzt. Das ist gerade mal ein Viertel. Zieht man das Alter der Bäume in Betracht, dann wurden von 15.300 Jahren lediglich 17% an einen anderen Standort verbracht, und kümmern nun vor sich hin. Für weitere 44 Bäume im geplanten Baubereich, und zwar nochmal mehr als 4.000 Jahre, ist ein Überleben äußerst ungewiss. Denn beim Grundwassermanagement hat die Trockenheit der Baugruben, und damit die Sicherheit, Vorrang vor der Erhaltung der nebenan wachsenden Bäume. Dem Nesenbachdüker und der Verlegung der Stadtbahn stehen weitere wertvolle Bäume im Wege.

  Bäume   Baumjahre  
Gefällt 177 75 % 12.700 83 %
Verpflanzt 60 25 % 2.600 17 %
Summen 237 100 % 15.300 100 %
Bedroht 44   4.200  

 

 

Transportschaden, aufgerissene Borke an einem Bergahorn.

 

Derzeit wird viel über die Bevölkerung von Istanbul geredet und geschrieben, die sich gegen die Rodung ihres zentralen Stadtparks wehrt, die ihre Lebenskultur nicht gegen ein Immobilienprojekt tauschen will. Auch wenn der Mittlere Schlossgarten derzeit ein jämmerliches, fast endgültig erscheinendes Bild abgibt: solange der Boden noch vorhanden ist, die Grundwasserverhältnisse nicht zerstört sind, kann eine Neugestaltung begonnen werden.

Die in Stuttgart verteilten Restbäume des Schlossgartens sind kein Ersatz für den zerstörten Park. Diese zentrale Fläche muss wieder der Bevölkerung zur Erholung dienen. Die Manipulation der Grundwasserverhältnisse ist ein zu hohes Risiko, um irgendwann mal einen verkleinerten Bahnhof und den Vorgarten einer Einkaufsmeile gebaut zu haben.

Ak Baumpaten
Jochen Schwarz

 

Die Entwicklung der Restbäume kann man in unserer Chronik nachschauen.