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11.02.2014

» Unser Park – unsere Geschichte

Anmerkungen zur größten Schande Stuttgarts


Nicht mehr lange wird es dauern, dann bricht die dritte Vegetationsperiode an. Zum dritten Mal müssen die Einwohner Stuttgarts und die Tiere und Pflanzen auf den Lebensraum im Zentrum der Stadt verzichten. Es ist jedoch ein Verlust auf Dauer, ein Verlust ohne Gewöhnung. Ein Schmerz, der die Verantwortlichen noch nicht betrifft. Noch verharren sie in Sturheit, aber es gibt viele Anzeichen, dass sie allmählich Angst bekommen. Angst vor der Zeit, zu der ihnen die angerichtete Schande auf die eigenen Füße fällt. Die Tat des 15.2.2012 ist in unserem Leben nicht mehr auszugleichen. Aber in unserer Erinnerung lebt der Mittlere Schlossgarten weiter, so sehr man sich auch bemüht, die Fläche und das Umfeld zu verwüsten.

Seit Mai 2011 hat es allen Politikern klar sein müssen, dass die Bahn eine neue Genehmigung zum Abpumpen des Grundwassers benötigt. Diese liegt bis heute nicht vor. Die Erörterungsveranstaltungen haben überdeutlich werden lassen, auf welch schlechter Grundlage einst Genehmigungsverfahren eröffnet wurden und immer noch geführt werden.

Selbst wenn es der Bahn und dem EBA gelingen sollte, den x-fach verschobenen Aushub von Baugruben tatsächlich im Juni zu beginnen, dann heißt das ganz sicher nicht, dass das Grundwassermangement wissenschaftlich einwandfrei geprüft und nach bestem Wissen und Gewissen betrieben werden wird. Nein, man baut dann Teilbaugruben mit Teilgenehmigungen und hofft, dass die Politiker weiter die Hände in den Schoß legen, dass die Gerichte weiter alles blind abnicken, dass die Agonie in der Bevölkerung anhält, dass sich der Protest weiter polizeilich einschüchtern lässt. Die Täter, die den Schlossgarten roden ließen, brauchen Rechtfertigung. Sie dürsten nach einer Baugrube, nach einem Wasserloch in der selbst angerichteten Wüstenei.

Unumkehrbarkeit – das ist der Traum von Despoten, den inzwischen auch einige Demokraten herbeisehnen.

 

 

 

In manch einem Befürworter und Verantwortlichen dürften inzwischen Zweifel aufkommen, ob die Umsetzung der größenwahnsinnigen Planung nicht ein wahngetriebener Fehler ist. Kaum popelt die Bahn am bestehenden Wagenburgtunnel ein wenig im Hang, bekommt das erste Gebäude Risse.

Natürlich kann man alle Warnungen auch weiterhin ignorieren und wissentlich einfach einen schlechten Bahnhof bauen. Natürlich fällt es angesichts der Zerstörung des Mittleren Schlossgartens schwer, das Projekt abzubrechen. Aber es sollte klar sein, dass man mit einer Politik der verbrannten Erde am Ende doch wird kapitulieren müssen. Die Hoffnung, dass sich in 15 Jahren alles zum Besseren entwickeln wird, hat keine Grundlage.

Im Durchmarsch der Stadtzerstörer zeigt sich einzig die verantwortungslose Feigheit, Fehler eingestehen zu müssen. Bunkermentalität und frohlockende Propaganda, absurde Hetze und angstgetriebene Verfolgung gegen Menschen, die öffentlich für das Einstehen, was auch im Zentrum einer Großstadt Platz haben muss, weil es genau da hin gehört: natürliche Vielfalt und kulturelle Erbauung, frei und öffentlich, jederzeit verfügbar.

 

 

 

Was früher Potemkinsche Dörfer waren, sind heute Kretschmanns Baustellen. Der sogenannte Landesvater verkündete im letzten März, ein Jahr nach der Rodung, im Landtag "Jetzt wird gebaut", nachdem die Bahnmanager den offenen Wechsel über zwei Milliarden Euro einmal über den Tisch kreisen ließen, als wäre damit eine Finanzierung geklärt. Nichts ist geklärt, nichts ist genehmigt; nicht die zusätzlichen Milliarden Kosten, nicht das Abpumpen des Grundwassers, nicht der baunotwendige Nesenbachdüker, nicht ein Brandschutzkonzept, nicht der Planabschnitt zum Abstellbahnhof, nicht der Planabschnitt zum Flughafen.

Ein peinlicher Potemkinscher Tunnelanschlag fand im Dezember in Wangen statt – so peinlich, dass sich die erste Riege aus Stadt und Land gar nicht erst zum Festort aufmachte. Die Spitzen der Stadt hatten ja gleichzeitig in den Hinterzimmern mit der Bahn über die Entschädigung für den ersten Gebäudeschaden zu kungeln, den man bis dahin noch versuchte, zu verheimlichen.

 

 

Was Stuttgarter vor 70 Jahren, in größter Not, nicht als Brennholz nutzten, wurde am 15.2.2012 zu Biomulch geschreddert oder als "Kunstholz" in der Stadtgärtnerei abgekippt. Ökologische Kinderspielgeräte und Totholzhaufen für Schulklassen – eine völlig perverse Erwachsenenkultur versucht sich reinzuwaschen vom angerichteten Schaden am Erbe ihrer Eltern und an der Zukunft ihrer Kinder. Nun wird auch vor dem Rosensteinpark nicht halt gemacht. Ist der Ruf erst ruiniert, regiert sich's weiter, ungeniert. Die Schäden am Grund- und Mineralwasser würden künftige Generationen zu tragen haben – da scheren sich Politiker, denen es heute um Mehrheit statt um Wahrheit geht, auch nicht drum.



Wenn die Wahrheit unaufhaltbar, wie es so ihre Art ist, ans Licht gekommen sein wird, werden diese Damen und Herren keine Rolle mehr spielen – nicht mal die, eines kritischen Begleiters. Für den völlig wertlosen Posten eines Ministerpräsidenten wurden und werden unersetzbare Werte vernichtet. Das ist die Geschichte, die wir zu erzählen haben.

AK Baumpaten
Dipl.-Ing. J. Schwarz

Hinweis 1:

Die Bilder stammen überwiegend aus der Sammlung Unser Park von Alexander Schäfer

Hinweis 2:

Am Freitag den 14.2. findet ab 18:00 Uhr am Platz vor der Münze im Schlossagrten eine Gedenkveranstaltung statt.

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2. Jahrestag Parkräumung – Bilder, Gedanken, Musik
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