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05.02.2012

» Showdown im Schlossgarten

Geplante Baumverpflanzung ist mutwillige Zerstörung

Angeblich will die Bahn einige der Parkbäume verpflanzen. Wir betrachten nun etwas genauer, was eigentlich passieren soll und ob es überhaupt einen fachlichen Sinn macht, so vorzugehen, wie die Bahn es verlautbaren lässt.

Abschied vom Erhalt der Bäume

Mit Rundspatenmaschine verpflanzbar?
Mit Rundspatenmaschine verpflanzbar?

Nach dem Ohnebürgerforum am 19.12.2011 haben sich die Pläne zur Verpflanzung von Bäumen weiter geändert. Von der Erhaltung der gesunden Parkbäume hatte man sich für diese Inszenierung bereits vorher verabschiedet.

Der Sachverständige der Bahn, Bodo Siegert, hatte entsprechend seines Gutachtens vom Oktober 2011 vorgetragen, dass eine Verpflanzung unter Einsatz einer Plattformtechnik für einen Großteil der Bäume in Frage kommen kann. Herr Siegert hatte bei der überwiegenden Anzahl seiner Vorschläge die Bäume entweder mit zu kleinen Durchmessern aufgenommen oder, abweichend von der Richtlinie Großbaumverpflanzung, zu klein dimensionierte Plattformen und Maschinen vorgesehen.

Der Vorzug der Plattformen oder ähnlicher Verfahren besteht darin, den Baum mit seinem gesamten Feinwurzelsystem zu versetzen. Diese Wurzeln im Traufbereich sind überlebenswichtig für den Baum, der nur über ihre Spitzen Wasser und Nährstoffe aufnehmen kann.

Der Einsatz von ausstechenden Rundspatenmaschinen reduziert den Wurzelbereich eines Baumes. Bei lange eingewachsenen Bäumen ist daher eine mehrjährige Vorbereitung der Wurzeln und des Kronenbereichs erforderlich, um Wasseraufnahmevermögen und Verdunstung in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Nur dann kann mit einem Erfolg gerechnet werden.

 

Bahn spart sich auch die Plattformtechnik

Verpflanzbar - trotzdem fällen
Verpflanzbarkeit interessiert nicht

Damit hätte ein Umpflanzen ohne langjährige Vorbereitung möglich sein können. Die Bahn spart sich nun gegenüber den Vorschlägen von Herrn Siegert einen zweistelligen Millionenbetrag. Als Ablass schlug Herr Renn in seinem „Forum ohne Bürger“ einen Betrag von 500.000 € für einen Fond vor – ein gutes Geschäft, von dem übrigens auch keine Rede mehr ist.

Die durch den Verzicht auf den Einsatz von Plattformen notwendig gewordenen Vorbereitungen wurden von der Bahn nicht durchgeführt. Von 62 zur Verpflanzung vorgesehenen Bäumen (wir lassen hier z.B. unsere Widerstandsbäume außen vor, da sie auch mit  Spaten und Schubkarre verpflanzbar wären) haben  40 Bäume zudem einen Stammdurchmesser, bei dem sie richtlinienkonform nicht mit Rundspatenmaschinen versetzbar sind. Bestenfalls 10 Bäume haben somit eine Chance, dieses Vorgehen dauerhaft zu überleben.

Betrachtet man sich die Standorte im Schlossgarten, so fällt auf, dass im Kernbereich Verpflanzungen inszeniert werden sollen, während man in den Bereichen, die nicht im Landeseigentum stehen,  verpflanzbare Bäume einfach fällt. (farbiger Rodungsplan der Bahn, 2,5 MB)

Verpflanzung in Frostböden

Die derzeitigen Witterungsverhälnisse mit starkem Frost lassen die Absichten zur Verpflanzung noch weiter zur billigen Show verkommen. Erst bei einer Tiefe von 80cm kann von frostfreiem Boden ausgegangen werden. Stellen wir uns zunächst also die Pflanzgruben vor, wie sie Tage vorher vorbereitet werden. An ihren Innenwänden wird der Frost tief eindringen. Dann werden Ballen ausgestochen, aus einer frostfreien Tiefe entnommen, und frieren ebenfalls durch. Diese Klumpen werden dann in die durchgefrorenen Löcher gestopft. Ein Bodenschluss durch Einschlämmen der Ballen kann auch nicht hergestellt werden. Wasser würde sich in den Löchern stauen.

Pflanzloch Zuffenhausen
Sinnlose Pflanzgrube in Zuffenhausen 2011


Das Auftauen in diesen Tiefen wird deutlich länger dauern, als es der Vegetationsperiode entspricht.  Werden die Bäume von der Sonne beschienen, setzt die Verdunstung ein, ohne dass Wasser aus dem Untergrund aufgenommen werden kann. Die Bäume werden also zu den Frostschäden auch Trockenheitsschäden erleiden.

Eine Offenbarung der Konzeptionslosigkeit

Die Bahn hat sich mit der Zustimmung zum Schlichterspruch öffentlich zum Erhalt der Bäume  verpflichtet. Sie hat vor einem Jahr diese Erhaltungsabsicht bekräftigt und auf die Bäume am Parkplatz des zerstörten Nordflügels ausgedehnt. Die Bahn hat nichts unternommen, um einen erfolgreichen Erhalt der Bäume zu gewährleisten.

  • Ein bewertbares Verpflanzungskonzept für unterschiedliche Techniken wurde nie erarbeitet – stattdessen wurden schlicht Platzmangel und Wegprobleme vorgeschoben.
  • Die verpflanzbaren Bäume wurden nie korrekt ermittelt.
  • Die zur Verpflanzung vorgesehenen Bäume wurden nicht fachgemäß vorbereitet.

Zeit war zu allem genug vorhanden.

Illegal gefällte Platane
Am 1.10.2010 illegal gefällte Platane

Und es ist auch immer noch viel Zeit, denn das geplante Abpumpen des Grundwassers, für das schon 27 wertvolle Bäume illegal gefällt wurden, muss völlig neu geplant werden, wegen der mindestens verdoppelten Entnahmemenge. Solange stört es noch nicht einmal, dass sich bisher kein Unternehmen hat finden lassen, dass den riskanten Bau des Nesenbachdükers durchführt, denn Baugruben können in dem sumpfigen Untergrund des Schlossgartens auf absehbare Zeit nicht trocken gehalten werden.

Die Bahn  hat sich extrem weit von einer fachlich begründeten Planung und Umsetzung entfernt.

Wir appellieren an alle verantwortlichen Regierungsmitglieder und Politiker, Medienvertreter, Fachfirmen und die Polizei:

STOPPEN Sie die zerstörerischen Pläne der Bahn AG, leisten sie keine Unterstützung für weitere sinnlose Zerstörungen im Zentrum der Stadt Stuttgart.

Die Bahn kann derzeit weder technisch noch juristisch begründbare Baumaßnahmen im Mittleren Schlossgarten durchführen.

 

Jochen Schwarz, Dipl.-Ing. der Landespflege
AK Baumpaten

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